VM 95/96 Bericht Dr. Volker Neitzert
Die Beteiligung seitens der Mitglieder war durchschnittlich. Zur Zeit hat das Schachforum 58 Mitglieder von denen sich 23 zu einer Teilnahme entschlossen. Das sind nur 40 Prozent, nicht gerade viel. Für den Rest ist diese Turnierform offensichtlich uninteressant. Persönlich fände ich es schön, wenn bei solch einem Turnier ca. 75% der Mitglieder beteiligt wären, denn schließlich sollte der Verein ein Turnier haben, bei dem er möglichst viele seiner Mitglieder an die Bretter bringt. (Möglicherweise bin ich da aber nur zu altmodisch.) Es kann ja auch sein, das das Austragen von Turnierpartien am Spielabend nicht mehr zeitgemäß ist. In diesem Fall käme eventuell ein Turnier mit verkürzter Bedenkzeit (30 oder 60 Minuten) in Frage. Fragen über Fragen: Vielleicht kann ja der eine oder andere Ferngebliebene etwas Licht in die Sache bringen.
Da man mit dem Kümmelpokal schon ein Schweizer System Turnier anbietet, wurde diesmal eine andere Turnierform gewählt. Man entschied sich für Vorrundengruppen, wobei sich die Erstplatzierten für eine Endrunde mit acht Teilnehmern qualifizieren und den Sieger im KO-System ausspielen würden. Das System hat seine Vor- und Nachteile, doch im Großen und Ganzen hat es sich meiner Meinung nach bewährt.
Vorrunde
Weil sich die Teilnehmer mehr oder weniger gleichmäßig auf alle Mannschaften verteilten, rekrutierte sich der Favoritenkreis auf die Spieler der ersten und zweiten Mannschaft. Da aus jeder der drei Vorrundengruppen nur die ersten beiden sicher die Endrunde erreichten, waren die Lage in allen drei Gruppen bis zum Schluß spannend.
Das Los verteilte die Teilnehmer relativ gerecht auf die drei Gruppen, so das Spannung absehbar war.
Sprichwörtlich mit den letzten Vorrundenpartien qualifizierten sich Christian Ziller, Ulf Grosser, Hans-Herrmann Lemke und Stefan Klätschke, während Otto Poor, Wolfgang Kraatz, Michael Tischendorf, und Dietmar Hietel schon eine Runde vor Schluß qualifiziert waren. Große Überraschungen blieben also aus, wenn man einmal von der Qualifikation von Stefan Klätschke und dem durchschnittlichen Abschneiden von Heinz-Friedrich Cors absieht.
Tabellen der Vorrunde
Gruppe A (DWZ-Schnitt: 1633)
{tabelle vm9596.csv}
Gruppe B (DWZ-Schnitt: 1706){tabelle vm9596b.csv}
Gruppe C (DWZ-Schnitt: 1686)
{tabelle vm9596c.csv}
Die Performance Werte beinhalten die Ergebnisse der Endrunde (mit Ausnahme des Finales).
Kommen wir zur Endrunde. Im Viertelfinale führte das Los gleich zwei der Gruppensieger zusammen.
Viertelfinale
Kraatz – Poor 0:1
Hietel – Ziller ½, 1:1, 1½:½
Lemke – Grosser ½, 0:1
Klätschke – Tischendorf 0:1
Auch hier blieben auf den ersten Blick die großen Überraschungen aus. Otto Poor konnte Wolfgang Kraatz aus dem Rennen werfen, nachdem der sich gerade in ein Remisendspiel gerettet hatte, aber dann die Zeit überschritt.
Dietmar Hietel hatte sehr viel Mühe gegen Christian Ziller weiterzukommen. Nach Remis in der Turnierpartie ergab auch das Stechen mit 15-Minuten Partien keine Entscheidung, so daß erst die Blitzpartien den Ausschlag zu Gunsten von Dietmar Hietel brachten.
Über die Geschehnisse im Duell Grosser gegen Lemke lasse ich mich lieber nicht aus, es war jedenfalls alles sehr dubios was dort passierte. Relativ glatt kam der Berichterstatter ins Halbfinale.
Halbfinale
Poor – Hietel ½, 1:1, ½:1½
Grosser – Tischendorf ½, 1:1, 1:1, 1:0
In beiden Halbfinals brachten die Turnierpartien keine Entscheidung. Und auch die Verlängerung durch 15-Minuten Partien war nicht genug um einen Sieger zu finden. So setzten sich dann zweimal die etwas besseren Blitzspieler durch. Da das Finale zum Zeitpunkt da dieser Artikel erstellt wurde noch nicht beendet war, kann man noch wünschen, daß die Entscheidung über den ersten Vereinsmeister des Schachforum nicht durch die Schnellpartien getroffen wird.
Finale
Grosser – Hietel ½ 1)
1) Am Abend des 21.03. kurz vor Redaktionsschluß wurde die Turnierpartie noch gespielt. Die fälligen Schnellpartien wurden vertagt.
Anm. d. Redaktion
Resümee
Alles in allem hat sich die Praxis aus diesem Jahr bewährt. Am System kann beibehalten werden, wobei zu überlegen ist, ob man nicht doch auf ein System mit Gruppen und einer Auf- und Abstiegsregelung wechseln will. Die Vor- und Nachteile davon sind hinlänglich bekannt.
Was mir am diesjährigen Modus nicht so gut gefiel, war zum einen die vergleichsweise geringe Teilnahme, zum anderen die Tatsache, daß in der Endrunde die meisten Begegnungen im Schnellschach entschieden wurden. Dies macht die Sache zwar sehr spannend, doch ist dies letztendlich kein Blitzturnier, sondern die Qualitäten im Turnierspiel sollten ausschlaggebend sein.
1 Wornath,Kai Rudolf 05-10-00-007-129 2025 - 21 27 6½/7 1908 4,458 2258 2391 2073 - 22
2 Holzer,Richard 05-06-00-013-075 1949 - 14 24 6 /7 1912 3,757 2205 S 2259 2007 - 15
3 Seehaus,Bernhard 05-10-00-001-242 1854 - 27 27 5 /7 1915 2,982 2085 S 2103 1901 - 28
4 Reuter,Uwe De 05-06-00-036-063 1852 - 34 27 5 /7 1762 4,211 1942 1958 1871 - 35
5 Poor,Otto 05-06-00-036-040 2049 - 29 30 5 /7 1835 5,083 2040 2036 2047 - 30
6 Ritscher,Georg 05-06-00-014-074 1838 - 22 26 5 4 /6 1790 3,340 1926 1939 1855 - 23
7 Tohidi,Mehraz 05-06-00-023-076 2014 - 41 30 4½/7 1886 4,628 1999 1998 2011 - 42
8 Neitzert,Volker Dr. 05-06-00-036-037 1789 - 58 25 4½/7 1695 4,349 1806 1808 1793 - 59
9 Friedl,Peter 05-06-00-013-089 1834 - 7 26 4½/7 1758 4,140 1875 1879 1843 - 8
10 Cors,Heinz-Friedrich 05-06-00-036-008 1859 - 59 27 4 /7 1852 3,543 1911 1912 1870 - 60
11 Ziller,Christian 05-06-00-036-056 1883 - 16 23 4 /7 1852 3,744 1912 1916 1890 - 17
12 Fischbein,Michael 05-10-00-004-120 1939 - 2 10 4 /7 1732 4,919 1834 1815 1896 - 3
13 Frantz,Ferdinand 05-06-00-036-012 1572 - 47 21 4 /7 1623 3,005 1686 1714 1600 - 48
14 Schulze,Karl Friedri 05-06-00-036-044 1781 - 15 25 4 3 /6 1760 3,176 1758 1755 1776 - 16
15 Wehmeyer,Eckart 05-06-00-005-081 1675 - 10 23 4 3 /6 1585 3,276 1638 1623 1667 - 11
16 Mohr,Jutta 05-06-00-035-009 1785 - 20 15 4 /7 1518 5,466 1617 1585 1732 - 21
17 Supper,Wolfgang 05-06-00-036-046 1574 - 25 21 3½/7 1753 2,077 1737 1751 1615 - 26
18 Lehmann,Ralf 05-06-00-001-132 1624 - 4 20 3½/7 1768 2,398 1750 1762 1657 - 5
19 Schneider,Udo 05-06-00-035-017 1742 - 40 24 3½/7 1704 3,686 1721 1716 1737 - 41
20 Storkebaum,Ulrike 05-06-00-001-126 1540 - 14 16 3½/7 1592 3,035 1593 1604 1556 - 15
21 Fritsch,Marcus 05-06-00-035-005 1909 - 16 18 3½/7 1748 4,976 1740 1748 1862 - 17
22 Göpfert,Jan 05-06-00-036-801 1655 - 1 5 3½ 2½/6 1660 2,962 1593 1598 1621 - 2
23 Simon,Frank 05-06-00-033-014 1536 - 5 21 3½/7 1614 2,752 1621 1640 1557 - 6
24 Masech,Eugen 05-06-00-001-128 1753 - 30 24 3 /6 1767 2,907 1765 1767 1755 - 31
25 Lachmann,Helmut 05-06-00-036-028 1665 - 26 23 3 /7 1773 2,514 1721 1719 1678 - 27
26 Reitz,Michael 05-06-00-036-041 1615 - 18 22 3 2 /6 1722 2,340 1570 1557 1605 - 19
27 Hollmann,Horst 05-06-00-033-008 1246 - 12 17 3 2 /6 1421 1,981 1249 1249 1247 - 13
28 Ullmann,Stefan 05-06-00-036-048 1528 - 16 20 2½/7 1734 1,727 1616 1625 1551 - 17
29 Klätschke,Stefan 05-06-00-036-023 1724 - 9 19 2½/7 1651 4,027 1549 1517 1677 - 10
30 Fillips,T - - - - ----- 2½/6 1631 1596 1 1596 1596 - 1
31 Boxberger,Klaus 05-06-00-036-006 1273 - 41 18 2½/7 1538 1,779 1355 1399 1296 - 42
32 Zoelch,Andre 05-10-00-001-236 1636 - 17 17 2½/7 1592 3,768 1491 1463 1594 - 18
33 Schuenemann,Klaus 05-06-00-005-060 1509 - 71 20 2½ ½ /5 1585 2,001 1269 1128 1461 - 72
34 Auschkalnis,Reinhard 05-06-00-018-163 1742 - 44 24 2 /6 1688 3,336 1564 1499 1706 - 45
35 Aurich,Michael 05-06-00-033-004 1225 - 1 5 1½/7 1521 1,546 1220 1216 1222 - 2
36 Tuchscherer,S - - - - ----- 0/1838, 0/1615, 0/1246
37 Schulz,Peter 05-06-00-033-028 1738 - 30 24 1 /3 1797 1,294 1660 1729 - 31
38 Liebert,Monika 05-06-00-036-031 1068 - 8 16 0 /7 1455 0,906 964 778 1036 - 9
Grün-Weiß und TSG eins – TEC eigenständig
(berg). Die Diskussion über eine Neuorganisation der drei großen Darmstädter Schachabteilungen ist entschieden. Auf Abteilungsversammlungen und einem gemeinsamen Treffen wurden die Weichen für die- Zukunft nach der laufenden Saison gestellt. Während sich die Mitglieder der Schachabteilungen von TSG 1846 und Grün-Weiß für eine Fusion aussprachen, lehnten die TEC/Spieler dies mehrheitlich ab. Künftig gibt es neben der TEC-Schachabteilung einen Darmstädtcr Schachverein. Domizil des Klubs, der am Jahresende gegründet werden soll, wird das Bessunger Forstmeisterhaus. Das am Donnerstag, dem geplanten Spiel und Trainingsabend, sowie an den Wettkampfsonntagen frei ist. Wie der Name des Vereins lautet ist noch offen, sicher ist dagegen, daß der Klub unabhängig wird und nicht mehr als Abteilung an einen Großverein angebunden ist. 60 Mitglieder sollen in der neuen Saison in fünf oder sechs Mannschaften spielen, die nach gängiger Praxis im Falle eines kompletten Wechsels übernommen werden könnten. Dann wäre der neue Verein von Landesklasse Süd bis Kreisklass C in allen Spielklassen präsent. Ein wichtiges Anliegen ist Schüler- und Jugendarbeit, als Basis für spätere Erfolge. Zunächst kann eine Schüler und Jugendgruppe von 15 Personen übernommen werden. Die attraktiven Turnierangebote sollen im neuen Verein fortgeführt werden, Nachdem in den grundsätzlichen Fragen Einigkeit herrscht, wird eine Gruppe aus beiden Schachableilungen eine Satzung erarbeiten, die in einer Gründungsversammlung am Jahresende zur Abstimmung gestellt wird. Bei der Besetzung eines Vereinsvorstandes sehen die beiden Abteilungen kein Problem. Die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung ist da. Das Hauptanliegen, der Zusammenschluß aller großen Darmstädter Schachabteilungen, wurde nicht erreicht. Statt eines großen reformerischen Schnitts bleibt ein kleiner Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel.
100 Jahre Darmstädter Schachgeschichte
Im Jahre 1875 berichtet die Deutsche Schachzeitung in ihrem 11. Heft, daß sich in Darmstadt im Hotel zur „Post" unter der Leitung des Gerichtsschreibers August Kümmel ein Schachklub gebildet hatte. Besonders erwähnt wurde ein Gymnasiast, der an vier Brettern „blindlings" — also ohne Ansicht von Brett und Figuren — gleichzeitig spielen konnte. Sein Name war Alexander Fritz, der in den folgenden Jahren zu den besten deutschen Blindspielern zählte. Seiner Spielstärke und dem rührigen Präsidenten August Kümmel ist es zu verdanken, daß der Schachklub in Darmstadt einen raschen Aufschwung erhielt und bald über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt und geschätzt war. Als Zeichen der Dankbarkeit stifteten die Mitglieder ihrem Präsidenten am zehnjährigen Stiftungsfest einen silbernen Pokal, der noch heute als „August-Kümmel-Gedächtnis-Pokal" ausgespielt wird. Verbandswettkämpfe im heutigen Sinne gab es damals noch nicht und so waren Vergleichskämpfe der Städte untereinander große Mode. Die Chronik berichtet im Jahre 1913 von einer Einladung des Mainzer Schachklubs, unterzeichnet von Julius Reiber, dem späteren Bürgerneister von Darmstadt. Doch auch namhafte Schachmeister wie Bogoljubow, Lasker, Nimzowitsch und Sämisch waren in Darmstadt zu Gast und stellten die Darmstädter Schach Spieler in Simultanveranstaltungcn vor große Aufgaben. Anläßlich seines 50-jährigen Bestehens war der Schachklub 1875 Darmstadt Ausrichter der Hessischen Schachmeisterschaft. Sieger wurde der Frankfurter Meisterspieler W. Orbach. Unter den Teilnehmern befanden sich Oberlandesgerichtsrat W. Orth sowie H. Flander und H. Sixt. Zur 60-Jahr-Feicr fand unter der Turnierleitung von Ehrenmitglied Drews und den Assistenten Pflugfelder und Spatz ein offenes Turnier statt, das Engel vor Säfnisch gewann. Über eine Simultanveranstaltung des Weltmeisters Aljechin im Jahre 1942 im „Saalbau" weiß die Chronik leider nur wenig zu berichten. Doch auch Spieler aus den eigenen Reihen waren so stark, Simultanwettkämpfe zu bestreiten. Im Jahre 1932 trat H. Flander im „Kaisersaal" in der Grafenstraße gegen 20 Schachspieler an und verlor keine Partie! In der Bombennacht am 11. September 1944 verlor der Schachklub 1875 unter dem damaligen Vorsitzenden H. Wilzek sein gesamtes Spielmaterial und das Klubheim in der Gaststätte ,,Sitte". Unter den Opfern dieses Bombenangriff befand sich auch der langjährige Klubmeister W. Orth. In der zerstörten Stadt hatte jedes Vcreinslcben aufgehört und so schlossen sich viele Schachspieler dem 1924 gegründeten Schachklub in Eberstadt an. Doch schon ein Jahr nach Kriegsende bildete sich in Darmstadt wieder ein Schachverein. Philipp Eichamüllcr — heute Ehrenvorsitzender - gründete 1946 die Schachabteilung der Turn- und Sportvereinigung Darmstadt (TSV). Aus dieser Schachabteilung und einigen Spielern des Schachklubs 1924 Eberstadt, der inzwischen als Abteilung der Sport- und Kulturgemeinde beigetreten war, wurde am 22. Januar 1950 der Schachklub 1875 Darmstadt wieder gegründet. Unter den Gründungsmitgliedern befand sich Bürgermeister Julius Rcibcr und der bekannte Schachspieler und Problemkomponist Dr. John Niemann. Ehrenmitglieder wurden Prof. Punga und Prof. Weißgcrber. Den Vorsitz übernahm Philipp Eichamüller. Diese Neugründung erwies sich für die Entwicklung des Schachspiels nach dem Krieg als vorteilhaft. Das Spielniveau stieg rasch an und bald war Darmstadt die Schachhochburg Südhessens. Im Jahre 1951 spielte eine Mannschaft bereits in der Hessischen Landesklasse. Doch auch an Einzelleistungen kann der Schachklub einiges vorweisen. Frau Juliane Hund wurde 1959 Hessische Meisterin und Deutsche Vizemeisterin, ihr Gatte, Gerhard Hund, wurde im gleichen Jahr Hessischer Vizemeister und holte den Pokal „Goldener Springer" des Hessischen Schachverbandes erstmals nach Darmstadt. Mit den Schülern Peter Kopp und Martin Krönkc stellte der Schachklub in den Jahren 1965 und 1970 den Hessischen Jugendmeister. Freundschaftsspiele und Simultanveranstaltungen gehören ebenso zum Schachgeschehen wie kampfbetonte Turnierpartien in den Verbandsklassen. Erwähnt sei hier nur die Begegnung mit dein Log Cabin Chess Club New Jersey aus den USA. Freundschaftliche Beziehungen verbinden heute den Schachklub mit dem Internationalen Großmeister Lothar Schmid, der, ebenso wie der Internationale Großmeister Wolfgang Unzicker, zu Simultanwettkämpfen in Darmstadt zu Gast war. Räumliche Schwierigkeiten, deren Auswirkungen einige Jahre später das Gesicht des Schachklubs 1875 verändern sollten, führten zu einer starken Beeinträchtigung des Spielbetriebes. Die Folge war, daß sich eine Gruppe von Mitgliedern - hauptsächlich Schachspieler der 1. Mannschaft — absonderten und im Jahre 1961 eine Schachabteilung beim Tennis- und Eisklub (TEC) gründete. Diese spielerische Einbuße konnte jedoch aufgefangen werden und eine neue Mannschaft behauptete sich wieder in der höchsten hessischen Spielklasse. Im Jahre 1969 mußte sich der Schachklub ein neues Spiellokal suchen. Da alle Bemühungen beim Hotel- und Gaststättengewerbe einen geeigneten Raum zu finden erfolglos waren, schloß sich der Klub einem Sportverein an. Am 1. Juni 1969 kam es zu einer Fusion mit der Turn- und Sportgemeinde 1846 Darmstadt, die zur Gründung einer Schachabteilung führte. Den Vorsitz übernahm Franz Hofmeister. Zwei Jahre später übergab er dieses Amt an den heutigen Abteilungsleiter Günter Weber. Seit der Neugründung im Jahre 1950 sieht der Schachklub in der Jugendarbeit eine seiner höchsten Aufgaben. Diese Arbeit hat sich immer gelohnt und dient der geistigen und charakterlichen Erziehung junger Menschen. In seiner 100 jährigen Geschichte war der Schachklub 1875 Darmstadt jederzeit ein würdiger Vertreter des königlichen Spieles. Durch Höhen und Tiefen gehend, hat er seine höchste Aufgabe nie übersehen: die Förderung des Schachspiels.
Probleme der Abteilungen in den Großvereinen — Darmstädter Schachklub 1875 soll wiedergegründet werden
(berg) Das Darmstädter Schach steht möglicherweise vor der größten Zäsur der letzten Jahrzehnte. Mit der diskutierten Gründung eines Darmstädter Schachvereins, der die derzeit bestehenden Schachabteilungen wiedervereinigen könnte, würde die sportliche Substanz der Darmstädter Schachszene gebündelt. Im Gespräch ist die Wiedergründung des traditionellen Darmstädter Schachklubs 1875, der Anfang der 60er Jahre in die Schachabteilungen der Großvereine zerfiel. Nach über dreißig Jahren getrennter Wege besteht die Möglichkeit, das Darmstädter Schach wieder zusammenzuführen. Diese Idee ist nicht *neu 'und wurde immer wieder angedacht, - doch nun sind die aktuellen Probleme der einzelnen Abteilungen, die aus mittelfristigen Entwicklungen resultieren, kumuliert — ausschlaggebender Impuls für den Schritt vom Gedankenspiel zur praktischen Umsetzung. . Es fällt auf, daß die sportliche Entwicklung aller drei Darmstädter Schachabteilungen, stagniert. TEC Darmstadt, seit jeher Flaggschiff des Darmstädter Schachs, beklagt nach dem Abstieg aus der Hessenliga und• dem in der letzten Saison verfehlten Wiederaufstieg den Verlust wesentlicher Leistungsträger an die Konkurrenz. Der Verein steht ohne reale Perspektive in der Landesklasse Süd. Grün-Weiß Darmstadt versucht ebenfalls seit Jahren vergeblich, den Aufstieg aus der Landesklasse in die Hessenliga zu erreichen. Obwohl die 1988 nach dem Wechsel von Blau-Gelb zu Grün. Weiß gegründete Schachabteilung mit dem Starkenburger Pokalsieg 1993 und dem Erreichen des deutschen Fernschachpokalfinales auf spektakuläre Einzelerfolge verweisen kann, ist die sportliche Gesamtentwicklung eher rückläufig. Die Schachabteilung des Traditionsvereins TSG Darmstadt steckt nach dem Abstieg aller Mannschaften in der vergangenen Saison in einer schweren Krise. Nach einem Aufschwung vor wenigen Jahren ist die erste Mannschaft in die Bezirksklasse zurückgerutscht. Den Kontrast zur Stagnation im Darmstädter Schach bilden Vereine im Umland, die mit rasanten Erfolgen auf sich aufmerksam machen und Spielerpotentiale an sich binden. An erster Stelle ist. der Schachverein Griesheirn zu nennen, der nach einem phänomenalen Aufschwung die Zweite Bundesliga erreicht hat und mit der zweiten Mannschaft, wie die spielstärksten Darmstädter Vereine TEC und Grün-Weiß, in der Von Holger Bergmann Landesklasse steht. Auch Hessenligaaufsteiger SC Erzhausen ist den Darmstädter Klubs davongezogen. Die Basis zum Werben neuer Mitglieder ist für die Darmstädter Vereine kontinuierlich schwächer geworden. Hinzu kommen Rahmenbedingungen, die ungleich schlechter sind als die der konkurrierenden eigen-ständigen Schachvereine außerhalb Darmstadts. So sind die Mitgliedsbeiträge der Schachabteilungen im Zuge der Finanzprobleme der Großvereine regelmäßig gestiegen und bewegen sich mittlerweile in Bereichen, die zwei- bis dreimal so hoch sind wie die der selbständigen Nachbarn. « In Darmstadt hat die TSG nach der letzten Beitragserhöhung mit 17 Mark monatlich den höchsten Satz, während Grün-Weiß mit zwölf Mark auf der untersten Grenze der aktuellen kommunalen Sportförderungsrichtlinien operiert (bei Beiträgen unter zwölf Mark würde der Gesamtverein wichtige• städtische Zuschüsse verlieren). Die Schere zwischen den Ansprüchen der kostengünstigen Schachabteilungen und den finanziellen Erfordernissen eines Großvereins öffnet sich zunehmend und macht es den Schachabteilungen fast unmöglich, neue Mitglieder an sich zu binden. Außer den für den Schachsport inzwischen unverhältnismäßig hohen Beiträgen sind die Darmstädter Schachabteilungen zum Teil auch durch ihre Spielbedingungen gehandicapt. Während die meisten Vereine im Darmstädter Umland kostengünstig Bürgerhäuser benutzen können, stehen in Darmstadt bürgerschaftlich nutzbare Räumlichkeiten oder Schulen nicht zur Verfügung. Ausnahme ist der SK Eberstadt im dortigen Haus der Vereine. Die Abteilungen der Großvereine sind in der Regel in Vereinsheime integriert, die den Anforderungen der Schachspieler hinsichtlich Ruhe,' Größe und Verfügbarkeit durch den parallelen Wirtschaftsbetrieb jedoch nicht in jedem Fall genügen. Die Gründung eines eigenständigen Vereins soll Schach in Darmstadt .wieder konkurrenzfähig machen. Mit einer fundierten Struktur soll mittelfristig ein Platz in der Hessenliga erspielt und gesichert werden, in den regionalen Klassen Starkenburgs soll mit möglichst vielen Mannschaften Flagge gezeigt werden: Ein größerer eigenständiger Verein wäre zudem in der Lage, eine erfolgreiche Jugendarbeit mit Perspektiven zu leisten und attraktive Turniere anzubieten. Hinzu kämen die Weiterführung der er-folgreichen Aktivitäten der jetzigen Abteilungen, wie die Ausgestaltung städtepartnerschaftlicher Kontakte und die Herausgabe einer regelmäßig erscheinenden Schachzeitung. Ob der gemeinsame Weg beschritten wird, entscheidet sich im September auf außerordentlichen Mitgliederversammlungen der Abteilungen von TEC. TSG und Grün-Weiß Darmstadt. In jedem Fall wird die kommende Saison in der jetzigen Dreiteilung durchgespielt; ein neuer Schachverein käme erst in der Spielzeit 1995/96 zum Zug. Die Vorstände der drei betroffenen Vereine wurden in den Diskussions- und Entscheidungsprozeß sehr frühzeitig eingebunden, denn die für die Abteilungen negative Gesamtentwicklung haben die Hauptvereine nicht zu verantworten. Vielmehr scheint es so, als seien Schachabteilungen als eher exotisches Angebot der Großvereine in Zeiten stagnierender kommunaler Vereinsförderung nur noch sehr eingeschränkt konkurrenzfähig und womöglich ein Auslaufmodell ohne Zukunft. Die für den Darmstädter Raum beschriebenen Probleme treffen auch auf viele andere Schachabteilungen zu.